Summary: Freundschaftsspiel USA – England; Justin hat für Fußball so gar nichts übrig und ist wirklich sauer dass Daphne ihn mit ins Stadion schleppen musste. Allerdings bessert sich seine Laune merklich als Englands Starkicker Kinney den Rasen betritt … Disclaimer: I don't own Brian and Justin, Queer as Folk and all the characters are the property of Cowlip, Showtime, etc. AU Challenge PG-13 A/N: Ok, ich weiß auch dass ein Stadion weder so aufgeteilt ist, noch ein Spiel so ablaufen würde wie ich es hier beschrieben habe. Mal ganz davon abgesehen dass mein Brian Kinney hier vermutlich kein Stadion mehr betreten dürfte, mit seiner Art zu…spielen. Aber hey: Es ist meine Fic und somit mein Spiel und ich mag es genauso wie es hier geschrieben steht! Zu den Teams sei zu sagen: Ich habe keine Originalspieler verwendet (bis auf Donovan) und denke es funktioniert ganz gut auf diese Weise. ___________________________________________
Justin erschrak sich furchtbar und rümpfte dann missbilligend die Nase, als ein dicker Mann mit weiß-blau-roter Kriegsbemalung direkt neben ihm in seine überdimensionale Tröte blies. „Oh mein Gott! Ist das nicht super hier?!“ Daphne klatschte in die Hände, hüpfte zwei mal auf der Stelle und ließ sich dann glücklich strahlend auf ihren knallroten Plastiksitz fallen. Sie saßen in der ersten Reihe, direkt hinter der Absperrung, von wo man einen exzellenten Blick hatte. „Wir brauchen ein Foto!“ Ganz aufgeregt kramte sie ihre Kleinbildkamera aus dem Rucksack und stieß Justin in die Seite. „Los frag ihn ob er uns fotografiert!“ „Wen?“ Justin rieb sich den Arm. Er mochte es hier ganz und gar nicht. Es war laut und schrill und niemand hatte auch nur das geringste bisschen Anstand. „Na ihn!“ deutete das Mädchen ungeduldig auf den dicken Trötenmann. „Nun mach schon.“ „Hm.“ Widerwillig tippte Justin seinen Nebenmann an. „Sir. Hallo? Sir?“ Der Mann hörte nichts. Vermutlich weil er sich selbst übertönte während er mit dem restlichen US- Fanblock in einen lautstarken Sprechgesang einstimmte. „Daphne. Daphne ich glaube er hört-“ Justin vergaß was er sagen wollte als er sich wieder zu seiner Begleiterin umdrehte und selbige mit hoch erhobenen Armen und laut rufend in ihrem Sitz fand. „U-S-A! U-S-A! U-S-A!“ Na prima. Es hätte ihn gleich stutzig machen sollen, als diese Frau vor vier Stunden mit kleinen, gemalten Flaggen auf dem Gesicht, Schal um den Hals (obwohl es gute 28 Grad im Schatten waren bei der letzten Messung) und einem viel zu großen Donovan Trikot am Leib, bei ihm vor der Hotelzimmertüre gestanden hatte. Zusammen mit dem unschuldigen Ausspruch: „Bitte, bitte Justin! Ich schwöre, die meisten Spieler sind schwul! Du wirst dich toll amüsieren!“ Pfft. Na klar. Wenn hier im Stadion auch nur einer dieser barbarischen Kerle für das selbe Team spielte, dann würde Justin auf der Stelle über die Absperrung klettern und quer über den Rasen rennen. Nackt! Ein imposanter Queen-Klassiker tönte aus den Lautsprechern und eine junge Frau mit einem Korb voller Käsebrezeln kam vorbei, um ihre Waren für günstige 8 Pfund pro Stück an den Mann zu bringen. „Oh, ich will eine!“ rief Daphne sogleich und unterbrach dafür sogar ihren Schlachtgesang. „Du auch, Jus?“ „Hm.“ brummte der Blonde etwas beleidigt, streckte aber einen zerknautschten Geldschein aus und nahm eine fettige Brezel entgegen. Immerhin war er frustriert, und da war essen immer noch das beste. „Ach du.“ Sie biss ein großes Stück von ihrer ab und grinste. „Hör schon auf mit diesem bösen Gesicht, ich weiß du liebst es hier.“ „Ach ja? Ich wüsste nicht was es hier zu lieben geben würde.“ kaute er und wies mit seinem Käsegebäck in die Runde. „Es ist viel zu laut und furchtbar dreckig. Und hast du diesen Mann da vorne gesehen?“ Justin gestikulierte empört. „Er trinkt jetzt schon die vierte Flasche Bier. Wahrscheinlich ist er ein Hooligan!“ Hh? Daphne hob die Augenbrauen und kräuselte dann die Stirn mit einem irritierten Kopfschütteln. „Justin, du versuchst ja nichtmal das hier zu genießen. Entspann dich. Wenn erst das Spiel anfängt wirst du gar nicht mehr gehen wollen.“ „Oh ja? Das hast du gestern auch gesagt als du mich in diesen Stripclub geschleppt hast…“ Justin schüttelte sich bei der Erinnerung an einen schmierigen Lederdaddy, der ihn Augenzwinkernd zu einem Cuba Libre einladen wollte. Das war wirklich eine Erfahrung die er so schnell nicht wiederholen musste. Und dabei hatte dieser ganze Englandurlaub so vielversprechend angefangen, mit all der Kunst und Kultur und den wundervollen Einkaufsmöglichkeiten. Doch nach drei Tagen war Daphne morgens aufgewacht und hatte gesagt, „Justin, heute machen wir etwas lustiges.“ und kaum dass er die Möglichkeit gehabt hatte den Begriff in seinem Duden nachzuschlagen, saßen sie auch schon in SoHos schmuddeligstem Piercingstudio um sich Freundschaftsringe durch ihre Nippel stechen zu lassen. Freddy Mercury verstummte in den Boxen und das gesamte Stadion erhob sich johlend aus den Sitzen, als eine laute Stimme das Freundschaftsspiel USA-England ankündigte. Ein paar Kinder mit entsprechenden Landesfahnen betraten das Feld, gefolgt von einigen Offiziellen und zwei Reihen Fußballspielern. Die einen in dunkelblau-schwarz, die anderen in weiß-schwarz…. Beides eher unvorteilhaft für solch athletischen Körperbau, wie Justin fand. Aber er erhob sich und applaudierte verhalten. Das gebot schließlich der Anstand. Die beiden Mannschaften nahmen ordentlich Aufstellung und dem Gastland wurde die Ehre erwiesen zuerst die Nationalhymne spielen zu dürfen. Sofort stand jeder Amerikaner auf den Tribünen stramm, mit der rechten Hand über dem stolzgeschwellten Brustkorb und Daphne krümmte sich nur flüchtig als ihr wieder einfiel dass sie sich doch lieber die rechte Seite hätte piercen lassen sollen. “Oooh say, can you see- by the dawn's early light- whaat so proou-dly we hailed at the twilight's last glea-ming.” Justin murmelte den Text nur tonlos mit, weil es ihm immerschon peinlich gewesen war, die Worte in dem Teil mit den Raketen zu verdrehen… “And the rockets' red glaaare-- the bombs buursting in aair! Gave proof through the night-- that our flag was still there!” Dafür sang Frau Patriotismus neben ihm umso inbrünstiger. “Oo-oh say, does tha-at star-spangled baa-nne-er ye-et wa-ave--O'er the laa-aand of the freeee and the hoooome of the braaaave!” Er war sicher der Präsident selbst wäre sehr stolz auf Miss Chanders gewesen in diesem Moment, so fern ab des Heimathafens. Das Publikum klatschte und die meisten Fans der amerikanischen Front setzten sich wieder. Oder eher alle…bis auf Justin Taylor, der sich irritiert umsah und solch ein unsportliches Verhalten wirklich sehr unhöflich fand. „Justin!“ Daphne zischte peinlich berührt und zupfte ihre Begleitung am Hosenbein. „Justin, setz dich hin. Jetzt kommen doch die Gegner!“ „Ich weiß.“ Er schnickte ihre Finger weg und hob überzeugt das Kinn. „Es ist doch ein Freundschaftsspiel, oder? Und wir sind immerhin Gast in diesem Land.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, erklangen auch schon die ersten Töne der altehrwürdigen englischen Hymne und Justin straffte den Rücken und gab sich größte Mühe den Text mitzusingen, während Daphne etwas tiefer in den Sitz rutschte und sich ihren Fanschal unbeteiligt vors Gesicht schob. “God save our graa-cious Queen -- long live our noo-ble Queen…” Es war erstaunlich wie gut ihm die Worte doch noch im Gedächtnis waren, seit der Grundschule, wo Misses Arbuckle-Hemmingway das Stück in der Englischklasse unterrichtet hatte. “God save the Queeen!” Andererseits gab es natürlich auch keine Raketen und Bomben in dem Lied, was Justin wirklich sehr entgegen kam. ”Send her vic-tooo-ri-ous!“ Er schraubte seine Stimme etwas mehr in den Sopranbereich und kam sich wirklich sehr Volksverbunden vor, indessen er den Blick etwas schweifen ließ. Vor der Absperrung gab es einen überdachten Sitzbereich, wo sich zwei Männer im schlecht gebügelten Anzug aufhielten und halbherzig mitsangen. Neben dran standen drei Spieler der englischen Mannschaft. ´Weedman´, ´Palmer´ und den dritten Namen konnte Justin nicht lesen, da der Mann eine braune Lederjacke über seinem Trikot trug. Nicht gerade passend zu Fußballshorts und Stollenschuhen, aber definitiv unkonventionell. “Haa-ppy and gloo-ri-ous!” Der Spieler schien im Allgemeinen etwas aus der Reihe zu fallen, denn anstatt gerade zu stehen und ehrfürchtig das Haupt für die Königin zu heben, trat er gelangweilt vom linken auf den rechten Fuß, kniff die Augen zusammen und zog dann eine edle Armani Sonnenbrille aus der Innentasche seiner Jacke um der lästigen Sonneneinstrahlung unter dem Plexiglasdach entgegenzuwirken. “Long to reeign ooo-ver us…” Unglaublich, fand Justin und verhedderte sich dann geringfügig im Text, als der Mann mit der Lederjacke sich beiläufig durch die Haare fuhr, herzhaft gähnte und sich schließlich umdrehte, um einen Blick auf die Zuschauer zu werfen. Er zeigte sich unbeeindruckt von den vielen Leuten im amerikanischen Fanoutfit, schien jedoch belustigt über den einzelnen blonden jungen Mann, der da glühend für die falsche Mannschaft trällerte. Und Justin fühlte sich leicht verunsichert, als der Spieler ihm offensichtlich zunickte, grinste und dann extralaut und überdeutlich die letzte Zeile mitschmetterte. “Go-od save! the! Queeeeen!” „Oh mein Gott!“ Daphne zog ihren Sichtverdeckenden USA-Schal jammernd höher vor die Augen. „Hast du das gesehen?“ „Was?“ Justin wischte unschuldig mit der Hand über seinen Sitz ehe er wieder platz nahm. „Was?!“ Das Mädchen gestikulierte aufgebracht nach vorn. „Hast du das nicht mitbekommen? Kinney hat dich gesehen!“ „Hm? Wer ist Kinney?“ Daphne sah ihn an als käme er direkt vom Pluto. „Wer ist Kinney? Hallo?! Er ist ungefähr der beste Nationalspieler hier! Mein Gott Justin, ich dachte du kennst dich aus mit der englischen Kultur.“ „Ach ja?“ Justin verschränkte beleidigt die Arme. „Na so gut kann er nicht sein wenn er auf der Bank sitzen muss.“ „Mm.“ Sie schüttelte den Kopf und wies auf ihre Wade. „Er hat sich vor ein paar Wochen am Bein verletzt. Bänderdehnung oder so. Es war überall in den Sportnachrichten.“ „Und jetzt darf er nur noch zusehen?“ Justin beobachtete wie der Lederjackenspieler sich auf der Bank mit Palmer unterhielt und fand er sah beinah nett aus wenn er so fröhlich lachte wie jetzt gerade. „Man sagt er wäre wieder fit. Ich nehme an er wird eingewechselt sollte es nötig werden.“ „Hm.“ Justin kippte den Kopf abschätzend in Schräglage. „Ist er denn gut?“ „Gut?“ Daphne lachte. „Er ist ein Bastard! Im letzten Jahr stand seine Abschussquote bei 29.“ „Quote? Welche Qu-“ weiter kam er nicht, denn das gesamte Stadion sprang mit ohrenbetäubenden Geschrei auf die Beine, als der Anpfiff gegeben wurde. Auch Daphne, die ihren blau-weiß-roten Schal mit beiden Händen über den Kopf hielt und dann in völliger Begeisterung auf den Sitz kletterte um noch besser sehen zu können. Justin verzog das Gesicht und wünschte er hätte seine Ohrenstöpsel dabei. Sicherlich würde er hier mit irreparablen Trommelfellschäden wieder rausgehen. *** Dreißig Minuten später bebten die Ränge und die Menge kochte. …allerdings die euphorische US Südseite vermutlich etwas mehr als die frustrierte englische Nordseite, denn wie sich der Anzeigetafel entnehmen ließ, lag die Gastmannschaft 1:0 vorn. Das war auch Justin nicht entgangen, obwohl er die Regeln des Spiels nicht vollständig nachvollziehen konnte. Und je länger er zusah, desto alberner fand er die ganze Sache hier. All der Trubel wegen eines kleinen Balls und zwei Toren. Himmel, wenn er daran dachte wie viel das Eintrittsticket für dieses Event gekostet hatte… für den selben Preis hätte er zwei mal Mamma Mia oder das Phantom der Oper sehen können. Aber nun war er schon mal hier und versuchte das beste aus der Situation zu machen. So gut das eben ging zwischen einem Haufen verrückter, Fahnenschwingender, Trötenblasender Landsmänner. Zugegeben konnte man ganz klar die optischen Highlights hier zu den Pluspunkten zählen. Der Rasen war wirklich außerordentlich gut gepflegt und die Männer die darauf herum rannten, machten durch die Bank einen äußerst athletischen Eindruck. Doch was Justin insgeheim am besten gefiel war der nahe Ausblick auf die Bank der Ersatzspieler. …auch wenn es die Spieler der gegnerischen Mannschaft waren. So genau musste man es ja nicht nehmen. Mal ganz davon abgesehen dass Justin schon nach zehn Minuten heimlich für die ´Schwarz-Weißen´ gewettet hatte anstelle der elf mutigen Männer die so eifrig sein Heimatland vertraten. Er konnte nichts dafür…die Engländer spielten einfach besser in seinen Augen und sahen definitiv attraktiver aus. Größer und…besser ausgestattet. Besonders der schlanke 1,86 Mann der mittlerweile seine Lederjacke abgelegt hatte und es vorzog sich selbst bei Laune zu halten, mit ein paar Privatgesprächen per Mobil Telefon. Er lehnte gelassen mit dem Rücken an der Plexiglaswand, nestelte mit zwei Fingern am Bund seines Trikots herum und nickte hin und wieder oder sagte ein paar Worte zu seinem unsichtbaren Gesprächspartner. Nach einiger Zeit stand er sogar auf und lief am Spielfeldrand auf und ab, mit einer Hand am Ohr zur besseren Verständigung, als die amerikanischen Fans ein lautstarkes ´We are the Champions´ anstimmten. Justin war ganz fasziniert. Der Mann strahlte ein so großes Maß an Arroganz aus, dass es schon wieder als definitiv sexy gewertet werden musste. Besonders mit diesem wundervollen Haarschnitt, dem perfekt modellierten Gesicht und diesen langen, muskulösen Beinen die graziler nicht hätten aussehen können in schwarzen Polyestershorts. „Hh…“ ganz versunken trank er einen großen Schluck aus seiner 1,5 Liter Evian Vorratsflasche, und verschüttete dann ein gutes Viertel davon als das zweite Tor für USA fiel und der dicke Trötenmann völlig außer sich aus seinem Sitz sprang. „Oh mein Gott!“ schrie auch Daphne ganz aus dem Häuschen und vollführte einen kleinen Siegestanz auf ihrem Plastikstuhl. „Justin, hast du das gesehen? Das war ja so cool!“ „Ja…cool.“ nickte der Blonde abwesend, wischte sich schwach über den nassen Fleck auf seiner Hose und sah dann wieder zu Spieler Kinney, der kurzfristig seine ´Mich kratzt hier rein gar nichts´ Haltung verloren zu haben schien. Immernoch mit Handy am Ohr, fuhr er sich wirr durch die Haare und fluchte ein klar frustriertes ´Christ!´ bei genauerem Blick auf das Spielfeld. Er gestikulierte zu einem der Spieler dort, rief selbigem etwas zu und zeigte dem uneinsichtigen Mann schließlich einen aufgebrachten Vogel, zusammen mit einem deutlichen ´Idiot!´. Ja, Justin konnte das sehr gut nachvollziehen. Es wäre ja auch wirklich traurig wenn die Mannschaft hier im eigenen Land verlieren würde, und das wo doch jeder wusste dass die USA nichtmal besonders begabt waren, in Dingen wie Fußball. Eine wahrlich verzwickte Situation… *** Gute zehn Minuten später kam der Abpfiff zur Halbzeit, Daphne flitzte davon um die Damen-Toiletten ausfindig zu machen und Justin beobachtete interessiert wie Spieler Kinney mit einem der Anzugmänner diskutierte. Lautstark. Er gestikulierte wild und präsentierte beeindruckende Todesblicke nachdem er sich dazu herabgelassen hatte seine Sonnenbrille abzunehmen. Der Anzugmann versuchte ruhig zu bleiben, schien dem Spieler etwas zu erklären, tätschelte ihm schließlich die Schulter und verschwand dann quer über das Feld in Richtung Umkleideräume. Justin richtete seine Aufmerksamkeit auf die gegenüberliegende Stadionseite, wo die englischen Fans trotz des hohen Rückstands ihrer Mannschaft ausgelassen feierten. Sie schwenkten weiß-rote Flaggen, sangen und hielten Plakate hoch. Auf den meisten standen Spielernamen und am häufigsten war darunter der Name ´Kinney´ vertreten. Justin kniff die Augen zusammen um besser über die Entfernung lesen zu können. ´Give us Kinnetic´ war einige Male zu sehen und auf anderen Schildern stand groß und in Knallrot ´Play the Nutcracker Symphonie´. Hm. Okay, vermutlich waren die englischen Fans nicht viel besser als die amerikanischen, aber einfallsreicher waren sie allemal. Justin lächelte, schüttelte den Kopf und knabberte an seinem Brezelrest. Während der englische Fanblock anfing im Takt zu klatschen und mit den Füßen zu stampfen, bevor ein ohrenbetäubendes „We still believe - We still believe - We still believe!“ angestimmt wurde, gefolgt von einheitlichem, „It's coming home - It's coming home - It's coming - Football's coming home!“ Und Justin ertappte sich dabei das ganze beeindruckt zu beobachten. Es war toll diese tief empfundene Loyalität zu sehen, obwohl die Chancen dieses Spiel zu gewinnen sicher nicht rosig für England aussahen. „Justin!“ Daphne war von ihrer Pinkelpause zurück und hatte die Hände empört in die Hüften gestemmt. „Hör auf damit! Du singst schon wieder für das falsche Team!“ „Hu?“ Justin sah leicht zerknirscht auf. Hatte er gesungen? Nicht wirklich. Gesummt allenfalls… „Ich singe doch gar nicht.“ „Ja sicher!“ Sie klappste ihm böse auf den Arm, ehe sie wieder platz nahm. „Du bist mir wirklich ein feiner Amerikaner. Man sollte dich des Landes verweisen.“ „Daphne…“ Er lächelte über ihre dramatischen Anspielungen, stand dann aber wie eine Eins und pfiff in begabter Weise auf den Fingern, als das englische Team wieder den Platz betrat für die zweite Halbzeit. „Verräter.“ brummelte Daphne und jubelte dann extralaut für die US-Mannschaft. Ein lauter Pfiff hallte über den Platz, beide Fanparteien stimmten in neue Anfeuerungsrufe ein und Justin blieb ganz unbewusst stehen, zwischen all seinen feiernden Landsleuten, während er ein kräftiges „Woohuu!“ für die Gegenmannschaft rief. Ganz nebenbei streifte sein Blick auch wieder Spieler Kinney der gerade mit äußerst ansprechend aussehenden Dehnübungen am Spielfeldrand beschäftigt war. Er saß in der Grätsche, drückte seine Nasenspitze eindrucksvoll auf seine rechte Kniescheibe, wechselte mit gleicher Übung auf das andere Bein und stand schließlich auf um ein bisschen auf und ab zu joggen. …was wohl auch dem englischen Fanblock nicht entging, denn begeisterte Kin-ne-tic -Rufe hallten sofort über die Ränge und ein riesiges Banner in weiß und rot mit der Aufschrift ´King Kinney´ wurde über die Brüstung der ersten Tribüne gehängt. Justin war vollkommen gebannt. Mit großen Augen und leuchtenden Backen starrte er zur Gegenseite und fragte sich wirklich ob es jemand merken würde wenn er kurz das Lager wechseln würde. „Hey!“ Er kam ja schließlich in Frieden und es war ja auch nicht so als würde ihn hier jemand vermissen. „Hey du!“ Andererseits würde Daphne ihm eine solche Tat vermutlich äußerst übel nehmen… „Heeey! Blondie!“ Hh? Justin unterbrach seine dezent leise gehaltenen Rufe der Solidarität in Richtung Feindeslager. Hatte ihn da jemand- Er sah sich suchend um und kam dann mit dem klatschen etwas außer Takt, als er den braunhaarigen Mann mit der Nummer 7 auf dem Rücken entdeckte. Keine 8 Meter entfernt, so weit es ging über die Absperrung gelehnt und ernsthaft in seine Richtung starrend. Fast so als- Justin drehte sich perplex nach hinten, dann zur Seite und schließlich wieder nach vorn, als er im näheren Umfeld von 20 Metern keine blonde Person entdecken konnte. Spieler Kinney hob wartend die Augenbraue. „Gibst du mir jetzt einen Schluck oder muss ich mir hier ein verdammtes Wasserloch buddeln.“ Justin blinzelte, straffte seine Haltung und deutete dann erschrocken auf sich selbst. Der Mann an der Absperrung nickte in aller Ernsthaftigkeit, wischte sich eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn und deutete dann leicht ungeduldig auf Justins Füße. „Hm?“ Justin bückte sich automatisch, fand nichts als zertretene Zigarettenstummel, alte Kaugummis und seine Wasserflasche und streckte mal auf gut Glück letzteres fragend nach vorn. Kinney nickte und wedelte mit der Hand in einer ´Na los doch, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!´ Bewegung. Und Justin nahm die Flasche, sah sich hilflos um und marschierte dann etwas steif nach vorn in Richtung Absperrung. Ein junger Mann in orangefarbener Neonweste kam angesprintet, machte aber nach kurzem Handzeichen von Spieler Nummer 7 wieder kehrt. „Ah…guter Junge.“ Kaum das Justin in Reichweite war, hatte Mister Kinney sich auch schon die Flasche geschnappt, kippte den Kopf in den Nacken, goss sich die Hälfte des Inhalts in seinen offenen Mund und einen weiteren Schwung großzügig über das Gesicht, ehe er zufrieden aufstöhnte, sich schüttelte, den Deckel wieder verschraubte und einen verbleibenden Rest von geschätzten 150 Millilitern an Justin zurückgab. „Danke. Ich trinke den Scheiß nicht den sie hier austeilen.“ Damit klappste er dem Blonden freundlich auf den Hinterkopf, wuschelte flüchtig durch die weichen Haare dort und sprintete dann ohne ein weiteres Wort davon. „Justin!“ Justin drehte sich um und sah Daphne hektisch winkend auf ihrem Platz. „Justin! Komm zurück! Du kannst doch nicht einfach da vor gehen!“ Er schaute noch einmal wirr aufs Spielfeld und beeilte sich dann zurück zu seiner Begleitung zu kommen. „Verdammt, was machst du denn?!“ Sie schlug ihn böse auf den Arm. „Sie werden uns noch rauswerfen wegen dir!“ Justin sagte dazu nichts. Er rieb sich nur etwas betäubt den Arm und krallte sich an seiner 1,5 Liter Evianflasche fest… welche er mit Sicherheit in Platin gießen lassen würde wenn er erst wieder zu Hause war. *** In der 58. Spielminute hatten die Engländer bereits drei sehr vielversprechende Torchancen hinter sich, kamen jedoch einfach nicht an ´Mighty Mouse´ Novotny aus der gegnerischen Abwehr vorbei und Spieler Kinney hinter der Seitenlinie schien alles andere als gelassen darüber. Immer wieder rief er zu seinen Teamkollegen, gestikulierte und warf frustriert die Arme in die Luft. Ganz zu schweigen von seiner sehr unchristlichen Art des Fluchens. …Justin liebte es. Und er war schrecklich neidisch auf den Mann schräg hinter ihm, der einen tollen Camcorder dabei hatte um das Spiel für die Ewigkeit festzuhalten. Nicht dass ihn das dumme Spiel so sehr interessiert hätte, nein, aber ein kleines Kinney- Erinnerungsvideo wäre schon nicht schlecht gewesen. Einer von den Anzugmännern trat an Spieler Nummer 7 heran, redete irgendetwas, klopfte ihm die Schulter und Kinney nickte und joggte wieder davon. Immer auf und ab neben dem Spielfeld. Zwischendrin hielt er an für ein wenig Stretching und Justin ertappte sich dabei ganz verzückt zu seufzen, beim freudvollen Anblick von soviel gestählter Muskelmasse. Kinney griff seinen Knöchel und zog das Bein daran senkrecht nach hinten. Einen Moment hielt er es so, machte dann die selbe Übung mit dem anderen Bein und joggte wieder weiter, auf und ab an der Bande. Laute, rhythmische Kin-ne-tic Rufe drangen erneut aus dem englischen Fanblock und es machte den Anschein als würde das den gemeinten Spieler selbst absolut nicht interessieren. Vollkommen unaffektiert lief er sich warm und sah dann scheinbar zufällig hinüber in die Zuschauerränge und direkt auf einen blonden jungen Mann mit Wasserflasche im Arm. „Das bin ich.“ Er formte die Worte tonlos, grinste breit und deutete selbstüberzeugt auf die Rückansicht seines Trikots. Justin schob die Brauen zusammen, sah sich kurz um ob auch wirklich er gemeint war und konnte dann nicht anders als sein breitestes Sonnenschein-Strahlen zu demonstrieren. Das schien Mister Kinney irgendwie nett zu finden, denn er lächelte flüchtig zurück, zwinkerte kurz und trabte dann zu seinem Trainer, als eine Stadiondurchsage über einen Spielerwechsel gemacht wurde. „Nummer 7 Kinney für 11 Goodmann!“ Ein großes Raunen und Kopfschütteln ging durch den Fanblock der USA, als Kinney auf das Spielfeld joggte. „Ooh nein!“ Auch Daphne schlug sich bestürzt die Hände vors Gesicht. „Das darf doch nicht wahr sein! Sie wechseln Kinney ein!“ „Yay!“ entwischte es dem blonden Jungen neben ihr, während er aufgeregt den Hals reckte und auf den Fußballen wippte. Die gegenüberliegende Stadionseite feierte unterdessen ihren Helden mit stolzen Gesängen der Anbetung, wozu ein allgemein bekannter Right Said Fred Song einfach zweckgemäß umgedichtet wurde. „He was built to be the best -- Number one and nothing less!” Und auch wenn Justin im falschen Block saß, kletterte er trotzdem auf seinen Sitz und jubelte lauthals mit. Schöne Männer mussten schließlich zelebriert werden. “Leave him to his destiny -- We have waited patiently!” Kinney lief einen kleinen Kreis auf dem Rasen, einfach nur weil er es sich erlauben konnte hier eine Show abzuziehen und brachte sich selbst keine 7 Sekunden später in sicheren Ballbesitz. “So- Stand up! for the champion --For the champion stand up!” Eine eindrucksvolle ´Kiii-nneeet-iic´ La-Ola-Welle rollte über die Tribünen und endete in riesigem Gejubel als der englischen Mannschaft nach einem klaren Foul von Dunas ein Freistoß zugesprochen wurde. „Na toll.“ Daphne stützte schwach den Kopf in ihre Hände und hielt sich dann die Augen zu. „Ich schau lieber gar nicht hin.“ „Was?“ Justin reckte den Hals noch mehr, als laute ´Nutcracker´ Rufe durchs Stadion hallten und Kinney Aufstellung am Ball nahm. „Was denn, was?!“ Die Spieler der US-Mannschaft, die dazu verdonnert wurden eine Mauer vor dem Tor zu bauen wurden in Großaufnahme auf der Leinwand gezeigt und aus dieser Perspektive war der Angstschweiß auf ´Mighty Mouse´ Novotnys Stirn klar zu erkennen. Auch Ethan Gold sah leicht besorgt aus und platzierte seine Hände sorgfältig über allem was ihm heilig war. „Aab-schuuuuuß-zeit!“ trommelten die englischen Fans voller Begeisterung und feierten die darauffolgende Kinneyflanke mit einem lauten „Wooooohaaaa!“ und einer weiteren Welle. Durch den Südblock zog hingegen ein verhaltenes „Sssh!“ und einige der männlichen US-Fans krümmten sich in solidarischem Schmerz. „Ach Schade…“ Justin ließ enttäuscht die Schultern hängen. „Er hat nicht getroffen.“ „Oh ich bin sicher das hat er.“ befürchtete Daphne und ließ die Hand lieber vor den Augen. Und tatsächlich liefen innerhalb von dreißig Sekunden vier mit Eisspray bewaffnete Sanitäter auf den Platz um einen niedergeschossenen Michael Novotny und die Überbleibsel seiner geplätteten Männlichkeit einzusammeln. Kurz darauf verließ ´Mighty Mouse´ das Spielfeld auf einer Trage und wurde ersetzt durch die weniger aggressive Abwehr Theodore Schmidt mit der Nummer 13, der sich drei Mal nervös bekreuzigte ehe er seine Position auf dem Rasen einnahm. Auf der Stadionleinwand jedoch wurde ein goldenes Stand up for the Champion! in blinkenden Großbuchstaben eingeblendet, gefolgt von einer brillanten Großaufnahme des Spielers Nummer 7 der mit unschuldigem Lächeln über den Platz joggte. …und während die englische Fanriege ohne Ausnahme stramm stand für ihren Nussknacker, gab es im Block der Amerikaner nur einen einzigen jungen Mann der der Aufforderung nach kam und breit strahlend auf seinem Plastikstuhl stand…ungeachtet der missbilligenden Blicke von Daphne und Trötenmann. *** Das erste Tor für England fiel dank eines Spielfehlers von Schmidt in der 67. Minute und auch wenn David Cameron nicht der beliebteste Spieler der englischen Nationalelf war, so wurde er doch gebührend dafür gefeiert. In der 81. Minute bekam Ethan Gold die gelbe Karte wegen einer Schwalbe und wurde in Spielminute 84 von Brian Kinney im Zuge eines Handspiel- Elf Meters punktgenau aussortiert. „Es ist gut dass er nicht mehr mit macht.“ fand Justin naserümpfend als der winselnde Spieler ´Gold´ vom Platz transportiert wurde. „Es sieht aus als hätte sich da irgendetwas in seinem Gesicht verbissen. Eww.“ Daphne schenkte ihrem Nebenmann einen argwöhnischen Blick und sah die Felle der amerikanischen Mannschaft dann schon hoffnungslos davonschwimmen als die englische Nummer 4, Blake Wyzecki, eine Minute später einen quer gelegten Ball von Kinney aus Nahdistanz zum vielumjubelten 2:2 Ausgleichstreffer verwandelte. „Ja! Ja! Jaa!“ Justin hüpfte und sprang und konnte sein Glück kaum fassen als eine weitere Großaufnahme von einem breit lachenden Brian Kinney über die Leinwand lief. Auch wenn er dann etwas eifersüchtig wurde, als Wyzecki seinen Teamkollegen Kinney übermütig ansprang und dafür einen dicken Kuss auf die Stirn bekam. Hm. Naja dafür hatte hier nicht jeder echte Kinney-Spucke im Flaschenformat… Misstrauisch, sah Justin sich um und nahm die wertvolle DNS Probe dann lieber etwas fester in den Arm. “It's coming home -- It's coming home -- It's cooo-ming --Football's coming home!” Während die Engländer im Nordblock und der blonde Verräter im Südblock ausgelassen den Siegeszug ihrer Mannschaft verfolgten, konnten die amerikanischen Fans die ganze Sache nur noch wenig amüsant finden. Vor allem, nachdem US-Spieler Hunter Montgomery sich in einem letzten verzweifelten Versuch der Notbremse an Englands Nummer 9, Ben Bruckner, hing und selbigen zu einem spektakulären Fall gegen den Torpfosten brachte. Bruckner musste daraufhin leider gegen Palmer ausgewechselt werden, wegen Verdachts auf doppelten Nasenbeinbruch. Das englische Team kassierte dafür allerdings einen weiteren Elf Meter und die Fans sangen ihre selbst komponierte ´Nutcracker Symphonie´ zum Auftakt. „Ich glaub das alles nicht…“ schüttelte Daphne niedergeschlagen den Kopf und kniff dann mitleidend die Augen zusammen, als die zitternde US-Mauer zur Volksbelustigung auf die Großleinwand geblendet wurde. „Wooooohaaaa!“ Die La-Ola-Welle rollte zwar auf der anderen Stadionseite, trotzdem warf Justin im Nordblock jubilierend die Arme in die Luft. „Kiiinneeeeeetiiiic!!!” Kinney fixierte auf dem Feld sein menschliches Ziel mit teuflischem Augenfunkeln an, machte zwei schnelle Schritte nach vorn, setzte an und schoss den Ball mit guten 120 km/h durch die Beine eines vor Schreck halb ohnmächtigen Theodore Schmidts …und unhaltbar ins Netz zu einem 3:2 in der 2. Minute der Nachspielzeit. Der US-Block versank simultan in tiefem Selbstmitleid, abgesehen von dem blonden Jungen in Reihe eins, der ausgelassen mit seiner Wasserflasche einen kleinen Sieges-Lambada tanzte. Ein dickes GOAL erschien passend zum Freudentaumel der englischen Fans auf der Leinwand und wurde Sekunden später ersetzt durch ein überdimensionales It´s called Kinnetic in der Laufschrift. Quasi Zeitgleich ertönte der Abpfiff, Kinney fiel jubelnd auf die Knie und die Hälfte seiner Mannschaft stürzte sich feiernd auf ihn. „Wir haben gewonnen! Wir haben gewonnen!“ Justin sprang von seinem Stuhl, hüpfte noch zwei mal auf und ab und drückte Daphne dann einen dicken Kuss auf. „Ich glaube du hast da irgendwas falsch verstanden…“ brummte sie mit voll aktiviertem Schmollmund. „Wir sind eigentlich die die abgeschossen wurden. Und wenn du nicht aufhörst hier so herumzuhüpfen, machst du vielleicht doch noch Bekanntschaft mit deinem Freund dem Hooligan.“ „Ach Daphne.“ Er strahlte sein bestes Sonnenscheinlächeln, gab ihr noch einen Kuss auf die Wange und hatte sie wirklich lieb dafür dass sie manchmal so süß war. „Das ist doch ein Freundschaftsspiel! Da freut man sich auch wenn die andere Mannschaft gewinnt.“ Der dicke Mann mit der Tröte war da scheinbar anderer Meinung denn er stand auf, warf seinem jungen Sitznachbar einen mehr als frostigen Blick zu und zertrat sein geliebtes Blasinstrument dann geräuschvoll vor Justins Turnschuhen. Justin zog die Füße ein, sah diesem schlechten Verlierer voller Missbilligung nach und klopfte seiner schmollenden Begleiterin dann aufmunternd die Schulter. „Komm schon, Daphne. Wir fragen den Mann mit der Neonweste ob er ein Foto von uns macht. Zu Erinnerung.“ *** Einige Zeit später war das Stadion fast leer. Die ersten Aufräumer gingen schon mit ihren Besen und Müllsäcken durch die Reihen und Justin war es wirklich Leid hier immernoch zu sitzen und auf seine übergeschnappte Freundin zu warten. „Danny weiß wo die Kabinen sind!“ hatte sie ganz aufgeregt gerufen und mit breitem Grinsen auf den jungen Mann mit der Neonweste gezeigt. „Er bringt mich hin und bestimmt bekomme ich ein Autogramm von Donovan!“ Und dann hatte sie sich mit großen Herzchen in den Augen an Dannys Arm gehängt und war fröhlich davongesprungen. „Sir?“ Einer der Aufräumer blieb mit seiner Müllzange vor Justin stehen und wedelte mit dem Greifwerkzeug vor seinen Füßen herum. „Sie müssen jetzt wirklich den Platz verlassen. Ich muss hier sauber machen.“ „Hm.“ Justin brummte beleidigt, sammelte seine Flasche ein und ging ein paar Schritte um sich unten gegen die Bande zu lehnen. Na toll. Es war spät, er hatte Hunger und die Frau mit den Käsebrezeln war längst über alle Berge. Zudem hätte er einen halben Stausee austrinken können, nach den Anstrengungen und Aufregungen der letzten Stunden. Aber hatte er noch genug Wasser? Nein. Selbstredend hatte er das nicht! Er musste ja so dämlich sein und dem erstbesten Starspieler der ihm hier über den Weg lief eine kalte Dusche damit spendieren. …nicht dass er das wirklich bedauert hätte. Verdammt. Beschützend schlang er die Arme um seine heilige Flasche, seufzte und legte dann die rechte Wange müde auf den hellblauen Schraubverschluss. Hach Gott, hoffentlich kam Daphne bald. Er musste wirklich dringend ins Bett. „Sieht so aus als müsste hier jemand dringend ins Bett.“ „Hm?“ Justin riss den Kopf hoch und sah erschrocken auf. „Ist nicht längst Schlafenszeit für Bengel in deinem Alter?“ Ein grinsender Mann mit Sonnenbrille und Lederjacke hatte sich locker über die bunte Absperrung gelehnt und tippte das Ziffernblatt seiner Uhr mit dem Zeigefinger an. Ach du liebe Güte. Spieler Kinney! Justin machte den Mund auf, wusste nicht was er auf die schnelle sagen sollte, sah sich wirr auf dem gähnend leeren Gelände nach Hilfe um und entschied dann dezenten Rotton auf seine Wangen zu legen. …ehe er verschämt auf seine Schuhspitzen lächelte, weil er ohnehin längst vergessen hatte was der Mann eigentlich gesagt hatte. Brian störte das nicht. Er war Sprachlosigkeit im Glanze seiner Präsenz gewohnt. Mit einer Hand fasste er nach vorn und zog an dem abstehenden Plastikverschlussbändchen das lose um den Flaschenhals hing. „Also? Warum bist du noch hier? Wartest du bis deine Landsleute abgezogen sind? Angst vor Prügel?“ Das brachte Justin zum aufschauen. Er kräuselte irritiert die Stirn und zog die Arme um seine Flasche eine Spur enger. „Warum sollte mich jemand verprügeln wollen?“ Kinney verzog keine Miene. „Du hast deinen kleinen Hintern für die falsche Mannschaft geschwungen.“ Der Blonde hob erschüttert das Kinn. „Ich war unparteiisch!“ „H-hhm.“ Brian nahm seine Finger von der Flasche und grinste. „Gib zu du warst nass beim letzten Tor.“ Im Bruchteil einer halben Sekunde stieg der Rotanteil auf Justins Wangen auf 90 Prozent und seine Mundwinkel schoben sich ungewollt nach oben, während er dringend wieder auf seine Turnschuhe sehen musste. „Mmja, das war cool.“ gab er schüchtern zu und rieb seine Wange an der linken Schulter. Brian lehnte sich näher. „Es war brillant.“ Justin konnte warmen Atem an seinem Ohr fühlen und rieb seine Wange gleich noch mal. „Hey! Kinney!“ Einer der Anzugmänner brüllte quer über das leere Spielfeld. „Schieb deinen verdammten Hintern in den Bus oder du kannst die U-Bahn nehmen!“ Damit verschwand er wieder kopfschüttelnd. „Ahh, shit… immer dieser Stress.“ Der angesprochene Spieler reckte sich mit leisem Stöhnen in eine aufrechte Haltung, fuhr sich mit der Hand über den Nacken und Justin fiel am Rande auf dass Herr Kinney nun keine Polyestershorts mehr trug zu seiner Lederjacke, sondern wundervolle Bluejeans. „Dein Knopf ist offen.“ deutete er mit dem Finger, ehe sich selbst ohrfeigen konnte für solch eine Bemerkung. Himmel, das war alles die Schuld seiner Mutter. Warum musste man ihm auch solch einwandfreie Manieren einpflanzen?! Brian machte sich nicht die Mühe diese Behauptung nachzuprüfen. Stattdessen streckte er die Arme weit über den Kopf um seine Muskeln zu dehnen und nahm Justin dann ganz selbstverständlich die Wasserflasche aus den Händen. „Tja nun…“ schraubte er den Deckel ab und setzte an für den letzten Bodenrand Edelwasser den er vor Stunden hier zurückgelassen hatte. „Ich würde dieses Thema ja gerne vertiefen,“ Er trank und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. „Aber leider…bin ich in Eile.“ Justin hatte den Mann sprachlos beobachtet und streckte nun wie gelähmt die Hand nach der leeren Flasche aus. Aber der Spieler beachtete ihn gar nicht sondern zauberte einen schwarzen Stift aus seiner Jackentasche. „Scheiß Horvath.“ grummelte er während er die Stiftkappe im Mundwinkel balancierte und anfing etwas auf die Flasche zu kritzeln. „Als ob der Wichser irgendwas mit meinem verdammten Hintern zu tun hätte.“ Er kniff die Augen hinter seiner verdunkelten Brille zusammen für die letzten Striche, machte den Stift wieder zu und gab dem Jungen dann ohne Kommentar die Flasche zurück. „Ein Autogramm?“ Justin legte sein Plastikheiligtum vorsichtig in Schräglage um sich die brandneue Aufschrift zu betrachten. „Pfft, ja klar.“ Mister Kinney ließ ein Schnauben verlauten, während er seinen Stift in der Jacke verstaute. „Seh ich vielleicht aus wie Madonna? Ich gebe keine Autogramme.“ „Ach nein?“ Justin schaute von der Wasserflasche auf Brian und dann wieder zurück auf seine vermeintliche Widmung, die seltsamerweise nur aus schwarzen Zahlen bestand. „Nein.“ Kinney schob sich seine Sonnenbrille weiter auf die Nase, steckte eine Hand in die Jackentasche und strich mit der anderen flüchtig über Justins Kinn. „Danke für das Wasser Sunshine.“ Er formte seine perfekten Lippen für einen angedeuteten Kuss in die Luft und ging mit einem Lächeln davon, während er einen letzten Handgruß über seine Schulter schickte. „Ruf nicht mehr nach 2 an. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf!“ Etwas überfordert winkte Justin zurück, murmelte ein kleines „Ok.“ und nahm die leere Flasche höher vor die Augen, bevor er in der aufgeschriebenen Zahlenkombination eine Telefonnummer des britischen Mobilfunknetzes erkennen konnte. „Oh.“ „Justin? Hey, Justin! Was ist bist du jetzt taub oder sowas?“ Daphne kam von der Seite angerannt, mit einem Blatt Papier dass sie in ausgestreckter Hand wedelte. „Ich hab ein Autogramm! Von ihm!!!“ Justin blinzelte wirr von seiner Flasche auf. „Was?“ „Ein Autogramm! Von Donovan!“ hüpfte sie auf und ab und küsste die unleserlichen Worte auf ihrem Blatt. „Er hat unterschrieben und gesagt ich wäre süß.“ „Ja?“ Justin versuchte wirklich ihren Erklärungen zu folgen, aber seine Sinnesorgane waren immernoch vom umwerfenden Duft eines englischen Starspielers umwabert, weshalb er nur ein weiteres Mal blinzeln konnte, als Daphne ihm ihre neueste Errungenschaft vors Gesicht hielt. „Ooh.“ Sie knuffte ihn grinsend in die Seite. „Bist du etwa sauer weil du hier solange warten musstest? Tut mir leid.“ Sie schlang brüderlich ihren Arm um seine Schultern. „Komm schon, ich lade dich auf einen dieser fettigen Burger ein die du so liebst, ok?“ Sie zog ihn davon und plapperte glücklich von ihrem ´Ich habe einen echten Star getroffen´ -Fangirl Erlebnis auf dem Weg zum Ausgang. Doch Justin hörte sie gar nicht. Wie auf Watte lief er neben ihr her, starrte betäubt auf seine Nummernflasche und drehte sich dann um, um einen letzten Blick auf das Spielfeld zu werfen. Und ein verliebtes kleines Lächeln kletterte auf sein Gesicht, als er drüben auf den Nordrängen ein einsames weiß-rotes Banner hängen sah mit der stolzen Botschaft an die feindliche Südseite: That's right: You just saw the face of God - His name is Brian Kinney!
-end-